Das Meer ruft
Es war ein eisigkalter Februartag und meine Semesterferien standen vor der Tür. Gründe genug um wieder in die Ferne zu schweifen… Ich sehnte mich nach dem Meer und der Sonne, somit lächelte mich der Flug nach Faro (Portugal) besonders an. Mein Bauchgefühl sagte JA! Ich buchte den Flug und stellte mir bildlich vor, wie ich zehn Tage in Faro die Seele baumeln lassen werde. Natürlich kam wieder alles anders als „geplant“.
Nach meiner Schottland Reise habe ich mir vorgenommen, bei Solo Trips späte Abendflüge zu meiden. Ich fühlte mich unwohl, wenn ich spät am Abend in einem fremden Land landete und bei Dunkelheit meine Unterkunft suchen musste. Und über diese Entscheidung war ich in Portugal richtig froh. Ich landete in Faro um die Mittagszeit und hatte genügend Zeit mich in der kleinen Stadt zurechtzufinden.
Die Stadt war wie ausgestorben und es war kaum eine Menschenseele zu sehen. Ich schlenderte alleine mit meinem Rucksack durch die Gassen und fühlte mich unwohl. Ich beschloss schnellstmöglich das Hostel aufzusuchen, welches ich für die nächsten zwei Tage gebucht hatte. Unterwegs begegnete ich ein paar Menschen, die mich seltsam ansahen. Offenbar waren Touristen zu dieser Zeit eher eine Seltenheit.
Kurze Zeit später kam ein unheimlicher Mann auf mich zu und bot mir an, mir das wahre Portugal zu zeigen und kostenlos auf seiner Farm zu wohnen. Ich konnte es nicht glauben… Ich sagte ihm, dass ich nicht interessiert sei und ging weiter. Aber er ließ mich nicht gehen und versperrte mir den Weg. Schnell zog ich mein Handy aus der Tasche und rief die nächstbeste Nummer an. Zum Glück schüchterte ihn die Aktion ein und er ließ mich gehen…
Ich war das Alleinreisen bereits gewohnt, doch es gab immer wieder Momente, wo ich mir aus Sicherheitsgründen einen Reisebegleiter wünschte. Und dies war so ein Moment.
Als ich endlich im Hostel ankam, beschloss ich den Abend dort ausklingen zu lassen. Das Hostel Team war total freundlich und sie luden mich zum gemeinsamen Abendessen ein. Beim Abendessen erzählte ich ihnen von meiner gruseligen Begegnung mit dem Mann. Eine Hostel Mitarbeiterin war schockiert. Sie kannte den Mann und sie hatte bereits Geschichten von verschwundenen Alleinreisenden in Faro gehört…
Ilha de Deserta
Am nächsten Morgen erkundete ich mit den anderen Reisenden die Gegend rund um Faro. Wir spazierten den Hafen entlang und nahmen dann den nächsten Bus zum Strand Praia de Faro. Praia de Faro ist ein kilometerlanger Sandstrand, je weiter man spaziert, desto naturbelassener wird er. Ich genoss die Zeit am Strand. Die Zweifel, die ich vor der Reise hatte, verschwanden innerhalb kürzester Zeit. Ich fühlte mich wieder frei und am „richtigen“ Ort.
Praia de Faro
Die anderen Reisenden reisten weiter in den Norden und verließen Faro am nächsten Tag bereits wieder. Somit konnte ich mich wieder ganz auf mich und auf die Fotografie konzentrieren. Doch lange blieb ich nicht alleine….
Auf den Weg in die Stadt sah ich einen kleinen Stand, der für einen Ausflug auf die Ilha de Deserta warb. Klang vielversprechend uns somit war ich zehn Minuten später mit einer weiteren Alleinreisenden auf einer Fähre zur Ilha de Deserta. Ich kam mit ihr gleich ins Gespräch. Da wir so gut miteinander auskamen, beschlossen wir, die Insel gemeinsam zu erkunden.
Ilha de Deserta ist eine zu Portugal gehörende Inselgruppe, bestehend aus den Inseln Ilhéu Chao, Deserta Grande und Bugio, dem Felsen Prego do mar und ein paar unbenannten kleinen Felsen.
Auf der Insel gibt es weder Straßen noch Autos und das einzige Gebäude auf der Insel ist ein Restaurant. Abends, nachdem die Restaurant Mitarbeiter die Insel verlassen, ist die Insel komplett menschenleer.
Auf der Insel durfte ich die unberührte Natur genießen. Ein pures Freiheitsgefühl durchströmte mich. Und dieses Gefühl war wunderschön.
Ein paar Stunden später nahmen wir die Fähre zurück nach Faro. Wir verabschiedeten uns voneinander und tauschten unsere Telefonnummern aus. Man sieht sich immerhin immer zweimal im Leben. Und damit hatte ich recht…
Lagos
Meinen Plan, zehn Tage in Faro zu verbringen, hatte ich schnell verworfen. Länger in Faro zu bleiben fühlte sich nicht richtig an. Deshalb beschloss ich nach drei Tagen, weiter in den Norden zu reisen und die restlichen Tage in Lagos zu verbringen.
Nach einer gut zweistündigen Busfahrt kam ich in der schönen Hafenstadt an. Ich checkte in ein kleines Hostel ein, packte meinen Rucksack und spazierte zu den Klippen. Der Wind wehte, aber es war weitaus wärmer als in Faro. Ich konnte sogar meinen Pullover ausziehen. WOW und das im Februar! Ich fragte mich nur, wozu ich meinen Bikini eingepackt hatte?
Die Klippen waren wunderschön und an den Stränden war keine Menschenseele zu sehen. Aber ein Gefühl der Traurigkeit durchströmte mich. Ich war traurig, dass ich diesen schönen Moment mit niemanden teilen konnte.
Ich will nicht sagen, dass das Reisen allein immer wunderbar ist, denn das ist es nicht. Ich liebe es, allein zu reisen, aber es gibt Momente, die einen traurig machen und in denen man sich einsam fühlt. Aber das ist in Ordnung. Allein zu reisen bedeutet auch nicht, dass man immer einsam ist. Aber so schön unabhängiges Reisen auch ist, es kann manchmal auch schwierig sein.
Ich setzte mich in den warmen Sand und nahm mein kleines Notizbuch heraus. Ich schrieb alles auf, was mich in diesem Moment beschäftigte und lauschte gleichzeitig den Wellen. Allein zu reisen zwang mich immer wieder, mich mehr mit mir selbst zu beschäftigen. Und so lernte ich mich mit der Zeit ziemlich gut kennen.
Zurück im Hostel wurde ich sofort von einer lebenslustigen Amerikanerin in ein Gespräch verwickelt. Sie war total offen und so kannte ich schon nach kurzer Zeit ihre ganze Lebensgeschichte. Sie fragte mich, ob ich mit ihr und den anderen Gästen zum Barhopping gehen wolle. Ein bisschen Ablenkung könnte mir ganz guttun, so sagte ich ihr zu.
Doch aus dem Barhopping wurde nichts. Die Gassen waren leer und die meisten Bars waren geschlossen. Am Ende der Gasse fanden wir jedoch eine lebhafte Bar mit Live-Musik. Die gute Musik, das leckere Essen und die gute Gesellschaft ließen mich schon nach kurzer Zeit wieder lächeln. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und erzählten uns Geschichten über die schönsten Orte, die wir je gesehen hatten. Es fühlte sich so an, als würden wir uns alle schon ewig kennen.
Ein paar Drinks später schwankten wir zurück zum Hostel und ließen den Abend auf der Dachterrasse ausklingen. Die anderen erzählten mir, wie schön Lissabon sei, und in meinem leicht übermüdeten Zustand buchte ich den Bus nach Lissabon. Leider hatte ich mich im Datum etwas vertan und so saß ich sechs Stunden später bereits im Bus nach Lissabon.
Lagos war offenbar nur ein Zwischenstopp. Aber ein schöner!
Lissabon
Die Nebensaison machte es mir sehr leicht, spontan zu reisen. Ich konnte problemlos einige Stunden vor meiner Ankunft eine Unterkunft in Lissabon buchen. Ich entschied mich für das Hostel „Lookout Lisbon“, wo ich mir ein Zimmer mit acht anderen Reisenden teilte. Ich zahlte 10 € pro Nacht mit Frühstück. Wie in Schottland nahm ich auch in Lissabon an einem kostenlosen Stadtrundgang teil, um die Stadt besser kennen zu lernen.
Lissabon war genauso schön, wie mir meine Bekannten aus Lagos versprochen hatten. Wenn nicht sogar noch schöner… Besonders gut gefallen hat mir Sintra. Sintra ist eine kleine Stadt, die etwa 25 Kilometer nordwestlich von Lissabon liegt. Die gleichnamige Kulturlandschaft ist übersät mit Palästen und Schlossanlagen, weshalb sie seit 1995 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Nach einer halbstündigen Zugfahrt kam ich im Stadtzentrum an. Von dort aus machte ich mich auf den Weg zu den wunderschönen Palästen und Schlössern. Ich fühlte mich wie in einem Märchen.
Was du in Sintra unbedingt sehen musst:
∞ Quinta da Regaleira
∞ Castelo dos Mouros
∞ Palácio de Monserrate
∞ Palácio Nacional da Pena
∞ Palácio Nacional de Sintra
∞ Convento dos Capuchos
∞ die Altstadt von Sintra
∞ Vila Sassetti
∞ Cruz Alta
Lissabon ist vielfältig und wunderschön. Mit den anderen Reisenden haben wir diese Stadt lieben gelernt. Von den süßen Cafés in der Altstadt bis hin zu einer Salsa-Party. Wir durften Lissabon in vollen Zügen genießen.
Ich war so dankbar für die wunderbare Zeit und die netten Menschen, die ich kennenlernen durfte. Ich war so dankbar, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört und spontan meine Pläne geändert habe. Wenn ich das nicht getan hätte, hätte ich die Schönheit Lissabons zu dieser Zeit nicht kennen gelernt.
Meine persönlichen Lissabon Highlights:
∞ Sintra
∞ Bairro Alto
∞ Praça do Comércio
∞ Straßenbahn Eléctrico 28E
∞ Ponte 25 de Abril
∞ Torre de Belém
Sintra
Torre de Belém
Am letzten Tag vor Abreise setzte ich mich mit meinem Tagebuch an das Ufer des Flusses Tejo. Ich schrieb all meine Erlebnisse und Gefühle auf und stellte fest, dass alles, was ich tat, mutig war und ich stolz darauf war.
Und das Schönste war, dass ich die Reisende von der Fähre zur Ilha de Deserta in Lissabon wieder traf. Wie ich schon sagte, man sieht sich immer zweimal im Leben…